Für die Menschen. Für Westfalen-Lippe.

Atlas der Libellen Nordrhein-Westfalens

Arbeitskreis Libellen NRW in Zusammenarbeit mit dem LWL-Museum für Naturkunde

Der Atlas zeigt Ihnen auf Basis von Topographischen Karten das Vorkommen heimischer Libellenarten. Probieren Sie es aus.

Gefleckte Smaragdlibelle

Somatochlora flavomaculata

Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
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Startjahr

Endjahr

 

Artfoto
Männchen von S. flavomaculata (Naturpark Maas- Schwalm-Nette, 06.07.2013). Foto: Ikemeyer, Dietmar

Verbreitung und Bestandssituation

Somatochlora flavomaculata ist ein eurosibirisches Faunenelement, dessen Areal von Schweden im Norden bis nach Südwest-Frankreich und Norditalien reicht (Dijkstra & Lewington 2006). Die westlichsten Vorkommen befinden sich im Bereich der französischen Atlantikküste und im Osten ist die Art bis nach Sibirien verbreitet. Aus den Niederlanden liegen aktuell nur wenige Fundmeldungen vor, die fast ausschließlich aus dem Süden stammen (NVL 2002). In Belgien befinden sich die wenigen Vorkommen hingegen im Westteil des Landes (de Knijf et al. 2006). In Deutschland ist S. flavomaculata zerstreut verbreitet, fehlt jedoch mitunter über größere Bereiche und ist meist nur in kleinen Beständen zu finden. Verbreitungsschwerpunkte befinden sich hier in Süd- und Ostdeutschland (Kuhn & Burbach 1998; Sternberg & Buchwald 2000).

Somatochlora flavomaculata gehört in Nordrhein-Westfalen zu den sehr seltenen Arten. Zurzeit sind hier nur wenige Fundpunkte bekannt, was sicherlich auch durch die Lage am nordwestlichen Rand des Verbreitungsgebietes bedingt ist.

Le Roi (1915) nannte S. flavomaculata für das Rheinland als „in der Ebene und dem Vorgebirge sporadisch nicht selten“. Greven (1970) wies die Art in den 1960er Jahren im westlichen Teil des Niederrheinischen Tieflandes häufiger und zahlreicher nach als Somatochlora metallica (Glänzende Smaragdlibelle). Diese Funde bildeten ehemals den Verbreitungsschwerpunkt der Art im Rheinland (Kikillus & Weitzel 1981). Das derzeit bedeutendste Vorkommen befindet sich im NSG Elmpter Schwalmbruch [4702/4] (Jödicke 1995), wo bis wenigstens Ende der 1990er Jahre bis zu 30 Individuen je Begehung nachgewiesen werden konnten. Weitere Beobachtungen stammen aus dem NSG Lüsekamp und Boschbeektal [4802/1+2], der Wahner Heide bei Köln [5008/4] (Schmidt 1926) und dem nahegelegenen NSG Gagelbestand [5109/3] (Gorissen 1988), wo die Art in den letzten Jahren nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Im letzten Jahrzehnt wurden im NSG Elmpter Schwalmbruch stets weniger als 10 Individuen je Tag während der stichprobenartigen Kontrollen notiert. Etwas weiter südlich, im NSG Lüsekamp und Boschbeektal waren es regelmäßig Tagessummen von >10 bis max. 20 bei den ebenso stichprobenartigen Besuchen. Letzteres Vorkommen schließt an die Vorkommen im Nationalpark Meinweg auf niederländischer Seite an.

Die historischen Funde aus Westfalen konzentrierten sich auf die Westfälische Bucht um Münster und datieren vor allem aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts (Schmidt 1926; Gries & Oonk 1975). Die Lebensräume der Art sind hier mittlerweile zerstört und nicht mehr vorhanden (Artmeyer et al. 2000). Eber & Schäfer (1973) gelang in den 1970er Jahren ein weiterer westfälischer Nachweis im NSG Zwillbrocker Venn [3906/3], auch aus diesem Gebiet sind keine aktuellen Nachweise mehr bekannt.

Aktuell liegen aus Westfalen nur aus wenigen Gebieten Beobachtungen vor, so beispielsweise aus der Kirchheller Heide bei Bottrop [4307/3]. Hier konnte die Art in mehreren Jahren beobachtet werden, so dass die Bodenständigkeit der Population wahrscheinlich ist. Von allen übrigen aktuellen Fundorten in Westfalen liegen nur Einzelbeobachtungen vor.

Die aktuelle Verbreitung der Art in Nordrhein-Westfalen ist derzeit noch nicht vollständig geklärt. Die sich in den letzten Jahren häufenden Einzelbeobachtungen in weit voneinander liegenden Gebieten deuten auf weitere existierende Vorkommen hin. Geeignete Lebensräume sollten auf reproduzierende Populationen kontrolliert werden.

Lebensräume in Nordrhein-Westfalen

Somatochlora flavomaculata besiedelt in Nordrhein-Westfalen von vertikalen Vegetationsstrukturen – wie beispielsweise Seggenriedern – geprägte Feuchtgebiete mit meist geringer Wassertiefe (Verlandungs- und Uferbereiche, Sümpfe, Moorränder), die auch kleinflächig ausgeprägt sein können und manchmal nur wenige Quadratmeter umfassen. Das Vorkommen der Art im Elmpter Schwalmbruch liegt im zentralen Zwischenmoorbereich, der durch kleine Schlenken und Bulten aus Sphagnum spp. (Torfmoosen), Narthecium ossifragum (Moor-Ährenlilie), Carex limosa (Schlamm-Segge) und Carex acuta (Schlank-Segge) gekennzeichnet ist. Unter den höherwüchsigen Pflanzen dominiert locker stehendes Phragmites australis (Schilf), unter den Gehölzen Myrica gale (Gagel) und Salix spp. (Weiden). Innerhalb der letzten 30 Jahre fiel zunächst ein Rückgang der wertvollen floristischen Elemente auf, wobei ein Verlust der für die Art wertvollen Schlenkenstrukturen um etwa 20 % festgestellt wurde. Dem Verlust wirken inzwischen Naturschutzmaßnahmen entgegen (Aufstauen, Freischneiden, Gewässer erhalten, Ufermahd), so dass viele Flächen noch vorhanden sind oder optimiert werden konnten. In den Randbereichen des Empter Schwalmbruches patrouillierten bis zu acht Männchen gleichzeitig über den von P. australis durchwachsenen Torfmoosflächen eines benachbarten Gewässers, so dass die Vermutung nahe liegt, dass die Art sich auch dort entwickeln kann. Diese Habitatbeschreibungen ähneln den Verhältnissen am westfälischen Fundpunkt in der Kirchheller Heide. Hier konnte die Art im Jahre 2005 in der Nähe eines stark ausgetrockneten Niedermoores in einer strukturreichen, kleinen Tonabgrabung gefunden werden. Die Tiere flogen über einem Schlank-Seggenried mit Sphagnum spp. (Torfmoosen) gemeinsam mit Ceriagrion tenellum (Scharlachlibelle) und Orthetrum coerulescens (Kleiner Blaupfeil).

Phänologie in Nordrhein-Westfalen

Die Flugzeit von Somatochlora flavomaculata reicht von Ende Mai bis in den September hinein, während die Hauptflugzeit sich von Anfang Juli bis Mitte August erstreckt. Auf der Basis der wenigen Nachweise aus Nordrhein-Westfalen ist eine genaue Auswertung jedoch nur beschränkt möglich. Die früheste Beobachtung stammt vom 29.05.(2001), die späteste vom 04.09.(2004).

Gefährdung und Schutz

Somatochlora flavomaculata gilt in Deutschland als „stark gefährdet“ (Ott et al. 2015) und ist in Nordrhein-Westfalen „vom Aussterben bedroht“ (Conze & Grönhagen 2011).

Somatochlora flavomaculata zählt in Nordrhein-Westfalen zu den seltensten Arten und besiedelt Lebensräume, die im ganzen Land hochgradig selten und besonders sensibel sind (Zwischenmoore mit Röhrichten, Seggenriedern und Torfmoospolstern). Insbesondere der Wasserhaushalt dieser Standorte ist von großer Bedeutung. Durch Entwässerungen sind viele derartige Lebensräume verloren gegangen, und einige wichtige verbliebene Vorkommen sind aktuell durch regionale Grundwasserabsenkungen auf Grund des Abbaus von Braunkohle bedroht. S. flavomaculata ist weder nach der FFH-Richlinie noch nach EU- oder Bundesartenschutzverordnung streng geschützt. Auf Grund der Seltenheit und Gefährdung verdient die Art jedoch besondere Aufmerksamkeit und den Schutz durch gezielte Maßnahmen. Zur Sicherung und Förderung der wenigen nordrhein-westfälischen Vorkommen ist unbedingt ein Artenschutzprogramm einzuführen, das verbliebene Habitate sichert und optimiert sowie neue entwickelt. Hierbei sollten auch die Randbereiche der (Hoch-)Moore berücksichtigt werden, die ursprünglich die oben beschriebenen Vegetationsstrukturen aufwiesen. Diese Zwischenmoorbereiche sind oftmals nicht mehr vorhanden, weswegen die Art aus unseren Mooren weitgehend verschwunden ist.

Zitiervorschlag

Thomas B, Sennert G, Pleines S (2024): Gefleckte Smaragdlibelle (Somatochlora flavomaculata). In: AG Libellenkunde NRW — Online-Atlas der Libellen Nordrhein-Westfalens. Heruntergeladen von libellenatlas-nrw.lwl.org am 05.12.2024

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