Östliche Moosjungfer
Leucorrhinia albifrons
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Leucorrhinia albifrons ist eine eurosibirische Art des kontinentalen Klimabereichs der Laub- und Mischwald- bis zur Waldsteppen-Zone. Das Areal reicht von Frankreich über Südskandinavien und das nördliche Osteuropa bis zum N-Altai (Dijkstra & Lewington 2006). Aus den Niederlanden liegen nur Streufunde vor, doch konnte im Jahr 2005 ein neues Vorkommen in der Provinz Friesland entdeckt werden (De Boer & Wasscher (2006). In Deutschland ist L. albifrons fast überall selten, meist rückläufig und kommt nur noch sehr lokal in kleinen Populationen vor. Größere stabile Vorkommen sind vor allem aus dem kontinental geprägten Osten Deutschlands von meso- bis oligotrophen (Kessel-)Moorseen und in ökologisch ähnlichen sauren Braunkohlenrekultivierungsgewässern bekannt. Hier scheint die Art seit 2010 wieder zuzunehmen, wie entsprechende Beoachtungen in Brandenburg und Sachsen belegen.
Aus Nordrhein-Westfalen sind bislang lediglich vier Funde bekannt geworden, so dass die Art hier extrem selten ist. Da es sich dabei lediglich um Einzelbeobachtungen jeweils aus nur einem Jahr handelt, ist die Art momentan als gelegentlicher Vermehrungsgast einzustufen. Zwei alte Funde liegen aus der Niederrheinischen Bucht vor, vom 11.07.1941 in Bonn-Pützchen und vom 21.06.1959 an den Stallberger Teichen bei Siegburg (heutiges NSG Gagelbestand) [5109/3] (Kikillus & Weitzel 1981). Während der „Heideweiher Pützchen“ in Bonn mittlerweile zerstört ist, gab es 1988 an den Gewässern im NSG Gagelbestand an einem Teich mit Seerosen-Bestand noch eine den Präferenzen der Art entsprechende Vegetation. Durch den Besatz mit Fischen war das Gewässer jedoch für Arten mit spezialisierteren Ansprüchen völlig ungeeignet geworden.
Im Jahr 2007 konnte die Art erstmalig seit mehreren Jahrzehnten wieder für Nordrhein-Westfalen und überhaupt erstmalig für den westfälischen Landesteil an einem Heideweiher im NSG Kipshagener Teiche bei Schloß Holte-Stukenbrock [4017/4] in einem einzelnen Männchen nachgewiesen werden. Am 26.06.2011 wurde ein einzelnes Männchen auf dem Truppenübungsplatz Senne [4118/3] beobachtet (D. Hahn mündl. Mitt.)
Die jüngsten Funde in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass ein Wiederbesiedlungspotential für die Art vorhanden ist. Denn L. albifrons gilt als Art, die die Möglichkeit zu Fernausbreitung mit zeitweiliger Bodenständigkeit besitzt. So gab es 1969/70 in Schleswig-Holstein eine relative Fundhäufung, ausgehend von einem bereits seit längerem bestehenden Vorkommen an einem Wald-Moorsee mit Calla-Schwingrasen im relativ kontinentalen Südosten des Landes im Raum Mölln. Danach wurde sie im ganzen Land nicht wieder nachgewiesen (Schmidt 1975, 1981). Möglicherweise spiegelt sich aber in solchen Nachweisen als Ferneinflug nur ein Nebeneffekt stärker werdender Populationen im Osten Deutschlands wider.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Aus den wenigen vorliegenden Nachweisen von Leucorrhinia albifrons lassen sich – auch auf Grund fehlender Bodenständigkeitsnachweise – nur beschränkt Angaben über die Habitatpräferenz in Nordrhein-Westfalen ableiten. Röhrichte oder Sphagnum-Flutrasen werden bevorzugt besiedelt, wobei Gewässer mit Schwimmblatt-Bereichen aus Nymphaea spp. (Seerosen) oder Potamogeton natans (Schwimmendes Laichkraut) von der Art bevorzugt werden. Von sauren Braunkohlenrekultivierungsgewässern in Ostdeutschland werden Flutrasen von Juncus bulbosus (Zwiebel-Binse) als wesentlich für die Art genannt.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Zur Phänologie von Leucorrhinia albifrons in Nordrhein-Westfalen lassen sich bei nur drei Nachweisen keine Angaben machen. Die vorliegenden Funde stammen vom 11.07.(1941), 21.06.(1959) und 11.06.(2007) und liegen damit innerhalb der Hauptflugzeit der Art in Ostdeutschland, die sich von Mitte Mai bis in den August erstreckt.
Gefährdung und Schutz
Leucorrhinia albifrons gilt in Deutschland als „vom Aussterben bedroht“ (Ott et al. 2015) und in Nordrhein-Westfalen als „ausgestorben“ (Conze & Grönhagen 2011). Die Art ist im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt und gehört zu den streng geschützten Arten.
Leucorrhinia albifrons ist in Nordrhein-Westfalen nach den vorliegenden Daten als gelegentlicher Vermehrungsgast zu bewerten. In der Roten Liste ist die Art als „ausgestorben“ eingestuft. Bei den jüngsten Funden in Westfalen handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Einflüge aus den nordöstlichen Verbreitungsschwerpunkten in Europa. Potentiell geeignete Lebensräume für weitere zukünftige Beobachtungen sind vor allem Heide- oder Zwischenmoorweiher am Niederrhein und im Münsterland, die in der Regel bereits als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind.