Grüne Mosaikjungfer
Aeshna viridis
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
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Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Aeshna viridis gilt als eurasiatisches Faunenelement, dass seine westliche Verbreitungsgrenze in den Niederlanden und seine südliche in Österreich und Ungarn erreicht (Dijkstra & Lewington 2006). Nordrhein-Westfalen liegt am Rand des Areals, wobei die Art hier heute als ausgestorben gilt. Historische Funde belegen, dass sie in Westfalen an wenigen Fundorten teils individuenstark anzutreffen war. In den angrenzenden Ländern kommt A. viridis derzeit bodenständig in den Niederlanden (NVL 2002) und in Niedersachsen (ALTMÜLLER & CLAUSNITZER 2010) vor. Bundesweit bedeutsame Vorkommen der Art finden sich in Bremen, wo größtenteils Gräben als Sekundärbiotope in den Gebieten Niedervieland, Werderland und Hollerland besiedelt werden (Schorr 1990; Adena & Handke 2001; Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr Bremen (2016). In Niedersachsen kommt die Art schwerpunktmäßig in der Region um Bremen, im Allertal, an der Elbe und im Unterlauf der Ems vor (z.B. Clausnitzer & Strasburger 1980, Ewers 1999). In Nord- und Ostdeutschland (Brandenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern) ist A. viridis noch in teils individuenreichen Beständen anzutreffen (Mauersberger et al. 2005, Haacks & Peschel 2007).
Historische Quellen belegen, dass A. viridis in Nordrhein-Westfalen ausschließlich im Flachland der Westfälischen Bucht anzutreffen war. Sie besiedelte hier bis in die 1960er Jahre hinein einige Gewässer und Altarme im Bereich der Emsaue sowie ein Gewässer am Herthasee (heutiges NSG Knollmanns Meerkott) [3611/4], in denen größere Bestände von Stratiotes aloides (Krebsschere) anzutreffen waren (Vornefeld 1956; Griess & Oonk 1975; Rudolph 1989). An diesen Gewässern konnte die Art individuenreich angetroffen werden und wurde als teils „sehr zahlreich“ (Beyer 1956) und „besonders häufig“ (Vornefeld 1956) beschrieben. Mit der Vernichtung von S. aloides zu Beginn der 1950er Jahre, die mit „Kultivierungsmaßnahmen oder anderen unmittelbaren Eingriffen seitens des Menschen“ einherging (Sakautzky 1965), verschwand auch A. viridis aus Westfalen (Rudolph 1989).
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Aeshna viridis ist in Mittel- und Nordeuropa auf Gewässer mit großen Beständen von Stratiotes aloides angewiesen, da die Weibchen ihre Eier in die Blätter dieser Pflanze legen und die Larven die Rosetten der Krebsschere als Lebensraum nutzen. Diese Pflanze ist in Nordrhein-Westfalen als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft (Wolff-Straub et al. 1999). Mithilfe historischer Meldungen über das Vorkommen von S. aloides in Westfalen lassen sich einige Rückschlüsse auf die Fortpflanzungsgewässer von A. viridis ziehen. Die Krebsschere besiedelte im Emsgebiet überwiegend Altwässer, Wiesenkolke und ähnliche kleinere Gewässer, die mäßig tiefes Wasser hatten, keine stärkeren Wasserstandsschwankungen unterlagen und besonnt waren (Sakautzky 1965). Wiederansiedlungsversuche mit S. aloides schlugen in Bremen fehl, sofern diese in Gewässern durchgeführt wurden, die eine zu große Dynamik und eine hohe Durchströmung aufwiesen. Größere Teiche und Seen sind häufig einem stärkeren Windeinfluss ausgesetzt, der zu mechanischen Belastungen durch Wellenschlag und Turbulenzen führt, an welche S. aloides als Art der Stillwasserbereiche nicht angepasst ist (Adena 1998).
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Auf Grund fehlender aktueller Nachweise kann hierzu keine Aussage gemacht werden. Zur Orientierung soll auf die Flugperiode in den Niederlanden hingewiesen werden, die zwischen Ende Juni und Ende September liegt, wobei die Hauptflugzeit den August umfasst (NVL 2002). In diesen Zeitraum fallen auch die einzigen beiden näher datierbaren Nachweise aus Nordrhein-Westfalen.
Gefährdung und Schutz
Aeshna viridis ist in Deutschland „vom Aussterben bedroht“ und in Nordrhein-Westfalen „ausgestorben“ (Ott et al. 2015; Conze & Grönhagen 2011). Die Art ist im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt und gehört zu den streng geschützten Arten.
Eine diskussionswürdige Naturschutzmaßnahme zur Förderung der Art ist die bereits von Münchberg (1956b) vorgeschlagene Wiederansiedlung. An bodenständigen Vorkommen von A. viridis werden Pflanzen von Stratiotes aloides entnommen, um sie mitsamt der darin abgelegten Eier oder Larven in geeignete Gewässer ehemaliger oder aktueller Vorkommen auszubringen (vgl. Schorr 1990). Derartige Maßnahmen an Grünlandgräben in Bremen haben sich für die Wiederansiedlung der Art als praktikabel herausgestellt. Durch diese Maßnahmen werden auch andere Libellenarten wie Coenagrion pulchellum (Fledermaus-Azurjungfer) oder Aeshna isoceles (Keilfleck-Mosaikjungfer) gefördert (Adena 1998). Im Niedervieland in Bremen würde es nur wenige Vorkommen von A. viridis geben, wenn auf Besatzmaßnahmen von S. aloides (so genannte Beimpfungsmaßnahmen) sowie die Anlage geeigneter Lebensraumgewässer verzichtet würde (Adena 1998). Eine Wiederansiedlung wäre in Nordrhein-Westfalen allerdings nur dann sinnvoll, wenn eine natürliche Auendynamik auf lange Sicht ein Vorkommen von (Alt-)Gewässern gewährleistet, die den Lebensraumansprüchen von S. aloides und somit auch von A. viridis entsprechen. Hierbei würde sich – eine weitere konsequente Renaturierung der Ems vorausgesetzt – eventuell die Emsaue in den Kreisen Warendorf und Steinfurt oder im Bereich der Stadt Münster anbieten, da hier erste Renaturierungsversuche Erfolge zeigen (Loheide 2002). Vor Durchführung derartiger Maßnahmen ist unbedingt eine breite Diskussion und Abstimmung mit den Fachleuten der zuständigen Naturschutzbehörden zu führen. Die Maßnahmen müssten durch ein ausreichendes Monitoring begleitet werden.