Keilfleck-Mosaikjungfer
Aeshna isoceles
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Aeshna isoceles ist eine atlantomediterrane Art, deren Areal von Westeuropa und Nordafrika bis ins südliche Mittelasien reicht. Vereinzelt tritt die Art auch in England und Südskandinavien auf (Dijkstra & Lewington 2006). In Deutschland kommt sie schwerpunktmäßig im Tiefland vor, beständige Vorkommen sind vor allem in Südwesten und Nordosten Deutschlands zu finden. In den Niederlanden und dem atlantisch geprägten Nordwestdeutschland besiedelt A. isoceles stetig Krebsscheren-Rasen. Wie Aeshna viridis (Grüne Mosaikjungfer) nutzt sie dort das günstige Mikroklima und ist wie diese vom Rückgang der Krebsschere betroffen.
Aus Nordrhein-Westfalen liegen von A. isoceles überwiegend Streufunde außerhalb des Berglandes vor, und die Fundorte liegen dementsprechend alle unterhalb von 200 m ü.NN. Sie gehört hier zu den sehr seltenen Arten. A. isoceles wurde nach Kolbe (1886) vereinzelt im Münsterland nachgewiesen, wo sie nach Schmidt (1913, 1926) und Vornefeld (1956) stellenweise häufig war. In anderen Teilen der Westfälischen Bucht, wie dem Heiligen Meer [3611/2], galt sie als „spärlich“ verbreitet (Gries & Oonk 1975).
Im Rheinland galt die Art seit jeher als „sporadisch“ und wurde nur in geringer Anzahl in der Tiefebene sowie den Tälern und Senken der Mittelgebirge nachgewiesen (le Roi 1915a; Greven 1970; Kikillus & Weitzel 1981; Jödicke et al. 1989). Von einigen niederrheinischen Altwässern konnte Jödicke (1995) die Art noch bis 1986 regelmäßig, aber in überwiegend geringer Abundanz feststellen. Borcherding (2000) beschreibt danach einen bedeutsamen Rückgang für den Naturraum Niederrhein.
Aktuell hat A. isoceles ihren Verbreitungsschwerpunkt innerhalb Nordrhein-Westfalens an Sekundärgewässern am Niederrhein, wo sie z.B. in den Rekultivierungsseen der Ville [z.B. Dinnendahlsee bei Brühl, 5106/4] vergleichsweise häufig und individuenreich vorkommt. Nachdem Schmidt (1983a, 1984a) erste vereinzelte Beobachtungen der Art an den Ville-Gewässern gelangen, konnte sie hier aktuell an zahlreichen Seen bodenständig und in vergleichsweise hohen Individuendichten nachgewiesen werden (vgl. Menke & Olthoff 2008). Als weiteres sind noch die Abgrabungsgewässer sowie die Altrheingewässer im niederländischen Grenzgebiet bei Emmerich zu nennen, wo die Art gehäuft und teils bodenständig nachgewiesen werden kann (vgl. Calle et al. 2006). Außerhalb dieser Gewässerlandschaften ist die Bestandssituation in Nordrhein-Westfalen wechselhaft. Von der aktuellen Klimaveränderung scheint die Art abgesehen von den Ville-Seen am Rand des klimatisch besonders günstigen Rheintales bei Köln nicht zu profitieren (Schmidt 2004b).
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Aeshna isoceles ist eine Art der (Schilf-)Röhrichte von Weihern und Seen, fliegt dort meist aber über der Vegetation, anders als Brachytron pratense (Früher Schilfjäger) und Aeshna mixta (Herbst-Mosaikjungfer), die in geringerer Höhe am Röhricht patrouillieren (Ott 1990). In Nordrhein-Westfalen, am atlantisch geprägten Nordwestrand des Verbreitungsgebietes, sind die Temperaturverhältnisse der limitierende Faktor. Die Uferbereiche müssen hier gut besonnt und ausgedehnt flach sein, so dass sie sich auch bei knappem Sonnenschein gut erwärmen. Flachwasser-Tauchblatt-Rasen vor dem Schilfgürtel sind günstig. Da die Larven überwintern, werden nur ganzjährig Wasser führende Lebensräume besiedelt. Fischereibewirtschaftung und Angelnutzung sind abträglich. Eine besondere Präferenz besteht – wie z. B. auch in den Niederlanden (NVL 2002), im Bremer Raum (Adena & Handke 2001) und in Holstein – für rasige Bestände von Stratiotes aloides (Krebsschere). Das wurde auch für die Emsauen in Münster und im Warendorfer Gebiet in den 1950er Jahren bestätigt (Vornefeld 1956). Da S. aloides im späten Frühjahr zur Wasseroberfläche aufsteigt, sind die Wassertemperaturen zwischen den Rosetten relativ hoch. Die Bestände bieten gleichzeitig auf Grund der gesägten Blattränder den Libellenlarven einen Fraßschutz vor Fischen. Im Herbst sinken die Krebsscheren wieder zum winterwarmen Gewässergrund ab, so dass Stratiotes-Rasen damit als Wärmeinseln im atlantischen Klima-Bereich zu sehen sind. S. aloides ist in den letzten Jahrzehnten in Nordrhein-Westfalen weitgehend verschwunden, so dass für A. isoceles ein Optimalhabitat entfiel. In Nordrhein-Westfalen bleiben für die Art damit Gewässer mit thermisch günstigen und strukturell passenden Ufern, wie einige Altwässer und Abgrabungsgewässer am Rhein oder die Braunkohle-Rekultivierungsseen der Ville bei Köln. Viele dieser Sekundärgewässer haben mittlerweile eine für die Art geeignete Vegetationsausprägung mit Schilfröhrichten im Uferbereich entwickelt, an denen die Art teils individuenreich angetroffen werden kann (Menke & Olthoff 2008). So konnten am Schluchtsee im Sommer 2009 bis zu 20 patrouillierende Männchen beobachtet werden. Interessant sind ferner aktuelle Beobachtungen von A. isoceles aus dem südlichen Ruhrgebiet, wo die Art in aufeinanderfolgenden Jahren an südexponierten, flachen und dicht mit Röhricht bewachsenen Auengewässern im NSG Heisinger Ruhraue [4508/3] beobachtet werden konnte (Schmitz 2007). Erwähnenswert sind ebenfalls die aktuellen Beobachtungen von A. isoceles in den NSG’s Heiliges Meer [3611/2+4] sowie Auwald Stapelskotten [4012/3] und Huronensee [3911/4], da die Art bereits 1912 und 1926 aus den Gebieten gemeldet wurde (Gries & Oonk 1975). An einem Fischteich im NSG Teiche in der Heubachniederung [4109/3], an dem sich lichte Röhrichte ausgebreitet haben, flogen Ende Juni bis Mitte Juli 2010 mindestens drei Männchen der Art, obwohl der Teich im Winter abgelassen wird.
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Die Flugzeit von Aeshna isoceles beginnt in Nordrhein-Westfalen meist Ende Mai und erstreckt sich bis Mitte Juli. Die Hauptflugzeit ist der Juni. Der früheste Nachweis stammt vom 08.05.(2002), der späteste Nachweis hingegen vom 15.07.(1997).
Gefährdung und Schutz
Aeshna isoceles steht in Deutschland auf der „Vorwarnliste“ (Ott et al. 2015) und gilt in Nordrhein-Westfalen als „vom Aussterben bedroht“ (Conze & Grönhagen 2011).
Die Verluste an (Auen-)Gewässern mit Stratiotes-Rasen sowie ausgeprägter Röhrichtvegetation (als natürliches Habitat der Art in den Flussauen Nordrhein-Westfalens) sind als Beeinträchtigung zu werten. Natürliche Habitate für A. isoceles gab es – mit Ausnahme der natürlich entstandenen Erdfallseen im NSG Heiliges Meer [3611/2+4] – außerhalb der Flussauen früher in Nordrhein-Westfalen nicht. Jetzt bieten passende Rekultivierungen von Abgrabungen, Naturschutzgewässer (ehemalige Fischteiche) oder Flachmoor-Weiher bei passendem Management Chancen für die Art. Kontraproduktiv sind dabei die verbreitete Bewirtschaftung als Freizeit-Angelgewässer oder die Zerstörung der Ufervegetation durch Badenutzung und andere Freizeit-Aktivitäten (insbesondere Paddeln oder Surfen). An einigen Gewässern beziehungsweise Gewässerbereichen, wie z. B. in den NSG’s Auwald Stapelskotten [4012/3] oder Heisinger Ruhraue [4508/3], hat sich die Absperrung sensibler Bereiche bewährt. Hier konnte sich wieder eine entsprechende Vegetation entwickeln, die von der Art angenommen wurde. Neben A. isoceles profitieren von entsprechenden Naturschutzmaßnahmen auch andere Bewohner derartiger Uferstrukturen, wie Brachytron pratense (Früher Schilfjäger). Für eine genaue Beurteilung der Bestandssituation von A. isoceles in Nordrhein-Westfalen sind Langzeitbeobachtungen an geeigneten Biotopen, die Wanderer und Vermehrungsgäste erkennen lassen, erforderlich.