Gebänderte Heidelibelle
Sympetrum pedemontanum
Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
Kartenansicht
Startjahr
Endjahr
Verbreitung und Bestandssituation
Das Verbreitungsgebiet der eurasiatisch verbreiteten Sympetrum pedemontanum erstreckt sich vom Pazifik durch das gemäßigte Asien über den Balkan bis nach Mitteleuropa. Die nordwestliche Arealgrenze hat sich in den letzten Jahrzehnten nach Westen bis in den atlantischen Raum verlagert. Sie verläuft durch das nordwestdeutsche und niederländische Tiefland über Belgien bis an die französische Mittelmeerküste. Zudem sind isolierte Vorkommen auf der Iberischen Halbinsel bekannt (Dijkstra & Lewington 2006). In den Niederlanden, wo die Art 1981 erstmals beobachtet wurde, existieren heute ebenso wie in Belgien mehrere etablierte Populationen (NVL 2002; de Knijf et al. 2006). Die Art hat sie in Teilen des norddeutschen und ostdeutschen Tieflands, im Alpenvorland und im Oberrheingraben ihre Verbreitungsschwerpunkte (Brockhaus et al. 2015). Mit dem Beginn der 1980er Jahre stieg die Zahl der Fundmeldungen in Süd- und Westdeutschland deutlich an. Aus diesem Zeitraum sind erstmals Funde von S. pedemontanum auch aus Westniedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden dokumentiert (Ziebell & Benken 1982; Jödicke & Woike 1985; Jödicke 1990; Kuhn & Burbach 1998; Sonnenburg & Dense 1998; Sternberg & Buchwald 2000; NVL 2002), was als Arealausweitung aus dem kontinentalen Bereich interpretiert wird. Diese erfolgte vermutlich schubweise durch größere Einflüge und anschließende weitere Arealerschließungen aus lokal etablierten Populationen heraus (Jödicke & Woike 1985).
Der erste bekannt gewordene Nachweis für Nordrhein-Westfalen erfolgte 1981 bei Siegen. Weitere Funde folgten 1982 im benachbarten Wittgensteiner Land (Belz 1987; Belz & Fuhrmann 1995, 2000), im südlichen Niederrheinischen Tiefland nahe der deutsch-niederländischen Grenze sowie entlang der Süd- und Ostgrenze der Niederrheinischen Bucht (Jödicke & Woike 1985). Ab Mitte der 1980er Jahre häuften sich die Fundmeldungen aus Westfalen, zunächst mit Beobachtungen aus dem Weserbergland (Zettelmeyer 1986a; Möller 1996). Eine auffällige Häufung von Nachweisen begann 1991 und erreichte 1997 einen Höhepunkt (Artmeyer 1997; Hahn 1998; Schmidt 1998a; Hahn 1999; Sonnenburg & Dense 1998; Artmeyer et al. 2000). Bis 2011 liegen für Nordrhein-Westfalen aus 62 Messtischblattquadranten Sichtnachweise vor. Für mehr als die Hälfte dieser Rasterfelder sind Beobachtungen aus dem Zeitraum ab 1995 bekannt. Die meisten der Nachweise beziehen sich auf Beobachtungen migrierender Einzeltiere. Die einzigen offenbar fest etablierten Populationen in Nordrhein-Westfalen besiedeln das Westfälische Tiefland im Kreis Minden-Lübbecke. Die dortigen Grabensysteme bei Rhaden und Stemwede sind seit 1987 (Clausen 1990) bis in die heutige Zeit offenbar kontinuierlich besiedelt und die Bodenständigkeit de Art ist durch wiederholte Exuvienfunde belegt. Auch in den nahe gelegenen niedersächsischen Landkreisen Osnabrück und Diepholz liegen Bodenständigkeitsnachweise vor (Kern 1995; Sonnenburg & Dense 1998; Kern 2010).
Darüber hinaus kam es in Nordrhein-Westfalen nur im Raum Siegen-Wittgenstein zu einer vorübergehenden Ansiedlung, beginnend mit Paarungsnachweisen im Jahr 1981 und anschließender Beobachtung zahlreicher Individuen und Eiablagen an der Eder bei Arfeld (Belz & Fuhrmann 2000). Über einen Zeitraum von rund sechs Jahren registrierte Nachweise von weiteren Einzeltieren lassen vermuten, dass S. pedemontanum nicht nur im hessischen (Leise et al. 1994), sondern auch im nordrhein-westfälischen Edergebiet über mehrere Generationen bodenständig war.
Aus dem restlichen Gebiet Nordrhein-Westfalens liegen nur vereinzelte Nachweise von Eiablagen oder reproduktiven Vorkommen vor, die jedoch maximal zwei Flugperioden umfassten. Diese erfolgten südlich Düsseldorf, im Ruhrtal bei Mülheim, in der Senne sowie im östlichen und nördlichen Münsterland (Jödicke & Woike 1985; Schmidt 1998a; Hahn 1998, 1999; Sonnenburg & Dense 1998). Die meisten nordrhein-westfälischen Funde von S. pedemontanum beziehen sich auf Höhenlagen unterhalb von 100 m ü.NN. Die Population bei Stemwede im Westfälischen Tiefland siedelt auf rund 40 m ü.NN. Die Fortpflanzungsgewässer im süderbergländischen Sieg- und Edertal liegen auf ungefähr 350 bis 400 m ü.NN, der höchste Fundort ohne Bodenständigkeitsnachweis stammt aus dem NSG Schwarzbachsystem im Kreis Siegen-Wittgenstein [4915/3] auf 480 m ü.NN.
Lebensräume in Nordrhein-Westfalen
Sympetrum pedemontanum besiedelt flach überstaute, spärlich bis dicht bewachsene, sommerwarme und unbeschattete Gewässer. Großflächig offene, vegetationsfreie Gewässerbereiche werden ebenso gemieden wie Abschnitte mit hochwüchsiger, stark beschattender Ufervegetation. Die Art ist keine obligate Fließgewässerart, zeigt jedoch eine erkennbare Vorliebe für langsam fließende Gräben, auch wenn diese regelmäßig geräumt werden (Stöckel 1983). So besiedelt auch die einzige, über einen längeren Zeitraum beständige nordrhein-westfälische Population in einem Grabensystem bei Stemwede (s.o.) geradlinig verlaufende, schwach durchströmte Entwässerungsgräben in einer weitgehend baumlosen Agrarlandschaft. Die ca. 2 m breiten Wasserläufe sind hier gemäß einer Erhebung am 4.9.2005 zu ca. 30-50 % mit Großlaichkräutern wie Potamogeton natans (Schwimmendes Laichkraut), Glyceria fluitans (Flutender Schwaden) oder anderen Wasserpflanzen bedeckt. Submerse Arten, wie Elodea spp. (Wasserpest), Nitella spp. (Armleuchteralgen), Callitriche spp. (Wasserstern) und Kleinlaichkräuter wie z.B. Potamogeton pectinatus (Kamm-Laichkraut) erreichen zumindest in einigen Bereichen eine Grundbedeckung von 70 %. Die Uferlinie wird von Kleinröhrichten aus Carex spp. (Seggen), Equisetum spp. (Schachtelhalm), Iris pseudacorus (Sumpf-Schwerlilie) und Sagittaria sagittifolia (Gemeines Pfeilkraut) begleitet.
Diesem anthropogen geprägten Biotoptyp entspricht auch der Velper Mühlenbach im Kreis Steinfurt [3713/1], wo 1997 ein offenbar erfolgloser Ansiedlungsversuch stattfand.
Typisch für die besiedelten Gewässer ist offenbar auch eine zur Flugperiode – zumeist mahdbedingt – relativ niedrigwüchsige Ufervegetation. Eiablagen wurden in Bereichen mit dichter Submersvegetation beobachtet (Sonnenburg & Dense 1998). Im Siegerland, wo die Art sich zumindest für einige Jahre etabliert hatte, wurden zahlreiche Imagines und mehrere Eiablagen in einem ruhigen Abschnitt der Eder registriert (Belz & Fuhrmann 2000). Im Ruhrtal legte S. pedemontanum Eier in eine künstlich angelegte, schütter bewachsene Flutrinne (Schmidt 1998a). Einzelne Beobachtungen von Eiablagen beziehen sich auf flache Stillgewässer mit zumeist lockerem Bewuchs (Jödicke & Woike 1985; Hahn 1998, 1999). 2005 wurde die Art in größerer Anzahl an der neuen Inde im rheinischen Braunkohlerevier an einem rekultivierten und bereits gefluteten, aber noch nicht fließenden Bach mit partiell bereits gut entwickelter Unterwasservegetation gefunden [5103/2].
Phänologie in Nordrhein-Westfalen
Die Hauptflugperiode der Art erstreckt sich von Ende Juli bis Anfang September. Die frühesten Imaginalnachweise aus Nordrhein-Westfalen erfolgten am 23.06.(2006). Einzelne adulte Tiere wurden noch in der letzten Septemberdekade am 27.09.(1997) beobachtet. Exuvienfunde liegen aus dem Zeitraum von Mitte Juli bis Anfang August vor. Die späteste gemeldete Eiablage erfolgte am 13.09.(1982) an einem rund 400 m ü.NN gelegenen Gewässer im Siegerland.
Gefährdung und Schutz
Sympetrum pedemontanum gilt in Deutschland als „stark gefährdet“ (Ott et al. 2015) und in Nordrhein-Westfalen als „vom Aussterben bedroht“ (Conze & Grönhagen 2011).
Ein generelles Gefährdungspotenzial ergibt sich aus der Lage am Rande des Verbreitungsgebietes. Sollte sich die Tendenz einer Westerweiterung ihres Areals fortsetzen, könnte eine Etablierung der Art auch in anderen Teilen Nordrhein-Westfalens erfolgen. S. pedemontanum ist in der Lage, auch an isolierten Ansiedlungsorten über Jahre hinweg stabile Populationen aufzubauen (Jödicke & Woike 1985). Dennoch ist nach dem momentanen Kenntnisstand der Verbreitung eine Besiedlung weiterer Regionen nicht absehbar. Solange das einzige landesweit beständige Vorkommen auf wenige Einzelgewässer in einem relativ eng umgrenzten Raum beschränkt bleibt, muss die Art als äußerst gefährdet angesehen werden.
Die Präferenz der Libellenart für gewässerbaulich unterhaltene Vorfluter im Offenland lässt insbesondere das Westfälische Tiefland und die Westfälische Bucht für S. pedemontanum als geeigneteSiedlungsbereiche erscheinen, da diese Gewässertypen hier sehr verbreitet sind. Eine dauerhafte Ansiedlung an derartigen Grabenstrukturen setzt eine regelmäßige Mahd der Uferbereiche und offenbar auch eine gelegentliche Sohlräumung voraus. Eine zu intensive Unterhaltung dürfte sich dabei ebenso negativ auswirken wie eine starke Verbrachung nach ausbleibender Pflege. Da für die Eiablage offenbar pflanzenreiche Gewässerabschnitte bevorzugt werden, sollte die Räumung der Gräben abschnittsweise gestaffelt erfolgen. Anstelle einer Mahd der Ufer dürfte sich vor allem auch eine extensive Beweidung als günstig erweisen (NVL 2002).