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Atlas der Libellen Nordrhein-Westfalens

Arbeitskreis Libellen NRW in Zusammenarbeit mit dem LWL-Museum für Naturkunde

Der Atlas zeigt Ihnen auf Basis von Topographischen Karten das Vorkommen heimischer Libellenarten. Probieren Sie es aus.

Kleine Moosjungfer

Leucorrhinia dubia

Erstnachweis:
Nachweise im Atlas:
Anhang II :
Anhang IV:
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Endjahr

 

Artfoto
Männchen von L. dubia (Ebbemoore bei Meinerzhagen, Märkischer Kreis, 30.05.2011). Foto: Bußmann, Michael

Verbreitung und Bestandssituation

Leucorrhinia dubia ist eine eurasiatisch verbreitete Art mit einem Verbreitungsschwerpunkt in der borealen Zone Skandinaviens und Russlands. Das Areal reicht in Europa vom Nordrand der Alpen bis über den Polarkreis (Dijkstra & Lewington 2006). Von inselartigen Vorkommen in Frankreich und auf den Britischen Inseln abgesehen, liegen Nordwest-Deutschland und die Benelux-Staaten unmittelbar am südwestlichen Rand des geschlossenen Verbreitungsgebietes. Die Vorkommen von L. dubia auf den Britischen Inseln zeichnen sich in den letzten Jahren durch Arealverkleinerung sowie -verschiebung nach Norden aus (Hickling et al. 2005).

In Nordrhein-Westfalen ist L. dubia lückig verbreitet und zählt zu den seltenen Arten. Die Verbreitungsschwerpunkte konzentrieren sich auf die im Lande vorhandenen Moor- und Heidegebiete. Im westfälischen Landesteil sind dies die Moore im westfälisch-niedersächsischen Grenzgebiet in den Kreisen Minden-Lübecke und Steinfurt sowie die deutsch-niederländischen Grenzmoore im Westmünsterland (Olthoff & Ikemeyer 2003). In der Westfälischen Bucht liegen weitere Nachweishäufungen in den Heide- und Moorgebieten der Heubachniederung, dem Lavesumer Bruch und der Borkenberge (Schmidt 1997; Sonnenburg & Hannig 2005; Olthoff & Schmidt 2009) sowie in der Senne (Hahn & Lakmann 1995).

Im Rheinland kommt L. dubia in den Naturräumen Schwalm-Nette-Platte, Meinweg und Selfkant sowie entlang der rechtsrheinischen Bergischen Heideterrassen vor. In den Mittelgebirgsregionen, wo deutlich weniger Moorgebiete existieren, liegen die Verbreitungsschwerpunkte in der westlichen Rureifel und im Hohen Venn (Schmidt 1983b; Aletsee 2005b) sowie im Südwestfälischen Bergland im Bereich des Ebbe- und Rothaargebirges (Belz & Fuhrmann 1995, 2000; Bußmann 1996, 2000; Schlüpmann 2000b). Kartierungslücken lassen sich im nordöstlichen und zentralen Sauerland vermuten, wo kleinere Moorflächen offenbar in jüngster Zeit nicht untersucht worden sind.

Historische Angaben für Westfalen finden sich bei Kolbe (1886), der L. dubia als „überall auf Heiden im Münsterland häufig“ angibt. Gries & Oonk (1975) bezeichnen sie als „verbreitet an Heidetümpeln und in hochmoorartigen Biotopen“. Für den rheinischen Landesteil nennt Le Roi (1915) sie „auf moorigen Orten im Gebirge und in der Ebene sporadisch und oft häufig“. Kikillus & Weitzel (1981) stufen die Art als „an geeigneten Biotopen verbreitet“ ein, verzeichnen jedoch „eine deutliche Häufigkeitsabnahme in der Kölner Bucht“ sowie einen „durch fortschreitende Biotopzerstörung hervorgerufenen regionalen Rückgang“. Im Bereich Niederrhein fand Greven (1970) sie „verbreitet, an den Heidemooren beiderseits der Landesgrenze stellenweise häufiger“. Dort stellten Jödicke et al. (1989) für L. dubia „die weiteste Verbreitung und höchste Abundanz unter den Moosjungfern“ mit einer Beschränkung auf nährstoffarme und saure Moor- und Heidegewässer und einen deutlichen Rückgang der Zahl der Fundorte fest.

Leucorrhinia dubia wird in Nordrhein-Westfalen oftmals nur mit wenigen Imagines angetroffen, Nachweise größerer Bestände sind selten. So fanden Jödicke et al. (1989) mehr als 300 Imagines zeitgleich im Langen Venn, auch Schmidt (1983b) beobachtete die Art im Wollerscheider Venn „in hoher Anzahl“. In den ausgedehnten Hochmooren des Tieflandes und der Eifel erreicht die Art demnach wesentlich höhere Abundanzen als in den kleinflächigen Hangmooren des Südwestfälischen Berglandes, wo sie meist in wenigen Exemplaren gefunden wird (Belz & Fuhrmann 1995; Bußmann 2000). Als boreo-montane Art besitzt L. dubia in Nordrhein-Westfalen keine Höhenverbreitungsgrenze.

Lebensräume in Nordrhein-Westfalen

Leucorrhinia dubia besiedelt als typische Art dystropher Moorgewässer auch in Nordrhein-Westfalen vornehmlich ehemalige Hochmoore, Zwischenmoore und Heide-Moorkomplexe. Hier besteht eine enge Bindung an Moorgewässer und anmoorige Heideweiher, die durch nährstoffarmes, saures Wasser und eine von Torfmoosen geprägte Vegetation gekennzeichnet sind. Letztere dienen als Eiablagesubstrat und Kleinlebensraum für die Junglarven. Eine Sondersituation besteht in den Hangquellmooren des Südwestfälischen Berglandes, in denen es keine natürlichen stehenden Gewässer gibt (Belz & Fuhrmann 2000). Hier pflanzt sich L. dubia ausschließlich in künstlich angelegten Kleingewässern (Löschteiche, Rotwildtränken, Artenschutzgewässer) innerhalb der Moorflächen fort (Bußmann 2000). Darüber hinaus werden auch Kleingewässer in den benachbarten anmoorigen Wiesentälern der Mittelgebirge zur Fortpflanzung aufgesucht. In entwässerten Mooren tritt die Art hinsichtlich ihrer Individuendichte deutlich hinter ihre Schwesterart L. rubicunda (Nordische Moosjungfer) zurück. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass in diesen entwässerten und teilabgetorften Mooren oftmals Gewässer vorherrschen, die nur in geringem Umfang von flutenden Torfmoosen dominiert werden.

Phänologie in Nordrhein-Westfalen

Leucorrhinia dubia ist eine typische Frühjahrsart, deren Flugzeit in der Regel Ende April oder Anfang Mai beginnt. Die Hauptflugzeit erstreckt sich zwischen Mitte Mai und Ende Juni und nimmt dann bis in den August hinein kontinuierlich ab. Der früheste Nachweis der Art stammt vom 17.04.(2003), der letzte Nachweis vom 28.08.(1984).

Gefährdung und Schutz

Leucorrhinia dubia gilt in Deutschland als „gefährdet“ (Ott et al. 2015) und in Nordrhein-Westfalen als „stark gefährdet“ (Conze & Grönhagen 2011).

Durch Trockenlegung, Abtorfung, Melioration und Urbarmachung ist der Anteil an Moor- und Heideflächen in Nordrhein-Westfalen bis in die jüngste Vergangenheit wesentlich verringert worden. Eine damit einhergehende Bestandsabnahme der Art liegt somit nahe. Als Schutzmaßnahme für L. dubia kommt hier nur die konsequente Erhaltung und Optimierung der noch verbliebenen Moore und Heiden mit den entsprechenden Fortpflanzungsgewässern in Frage. Diesbezüglich dürften die vor allem seit Beginn der 1980er Jahre verstärkt einsetzenden Bemühungen, die Moore und Heiden durch Ausweisung als Naturschutz- und FFH-Gebiete zu sichern, zur Bestandserhaltung beitragen. Als gezielte Artenschutzmaßnahme bietet sich in Sand- und Moorgebieten die Anlage von Gewässern mit flachen Uferbereichen an (Schmidt 2010), in denen sich flutende Torfmoosrasen ausbilden können.

Zitiervorschlag

Bußmann M (2024): Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia). In: AG Libellenkunde NRW — Online-Atlas der Libellen Nordrhein-Westfalens. Heruntergeladen von libellenatlas-nrw.lwl.org am 05.12.2024

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